Vergiftungen im Haushalt gehören zu den häufigsten Notfällen, insbesondere bei Kleinkindern. Doch auch Erwachsene sind nicht davor gefeit – sei es durch versehentliche Medikamenteneinnahme, Reinigungsmittel, verdorbene Lebensmittel oder den Kontakt mit giftigen Pflanzen. Die Vielzahl an Substanzen im Alltag birgt unterschätzte Risiken. In Notfällen ist schnelles und gleichzeitig überlegtes Handeln gefragt, denn falsche Maßnahmen können die Situation verschlimmern.
Häufige Ursachen von Vergiftungen im Haushalt
In vielen Haushalten befinden sich Substanzen, die bei falscher Anwendung gesundheitsschädlich oder sogar lebensbedrohlich sein können. Dazu gehören Putz- und Desinfektionsmittel, Medikamente, Kosmetika, Nikotinprodukte, alkoholhaltige Getränke sowie Garten- und Zimmerpflanzen. Insbesondere bei Kindern im Alter zwischen einem und vier Jahren steigt das Risiko, da sie neugierig ihre Umwelt erkunden und noch kein Gefahrenbewusstsein entwickelt haben. Reinigungsmittel in bunten Flaschen, Tabletten, die wie Bonbons aussehen, oder duftende Öle laden förmlich zum Ausprobieren ein.
Typische Symptome einer Vergiftung
Die Beschwerden einer Vergiftung können je nach aufgenommenem Stoff stark variieren. Häufige Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall, Schwindel, Benommenheit oder Krampfanfälle. In schweren Fällen treten Atemnot, Bewusstseinsstörungen bis hin zur Ohnmacht auf. Bei ätzenden Substanzen wie Rohrreiniger oder Batteriesäure kann es zu Reizungen im Mund- und Rachenraum, Schluckbeschwerden oder inneren Verätzungen kommen. Auch Hautkontakt mit bestimmten Stoffen kann zu Rötungen, Schwellungen oder Blasen führen.
So handeln Sie im Ernstfall – Schritt für Schritt
1. Ruhe bewahren
Im Notfall ist es entscheidend, die Kontrolle zu behalten. Panik hilft weder der betroffenen Person noch den Helfenden. Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und zügig zu handeln. Bringen Sie gegebenenfalls weitere Personen in Sicherheit – etwa Geschwisterkinder – und konzentrieren Sie sich auf die akute Situation.
2. Giftige Substanz identifizieren
Finden Sie heraus, was genau eingenommen, eingeatmet oder mit der Haut in Berührung gekommen ist. Nehmen Sie Verpackungen, Beipackzettel oder Produktnamen zur Hand. Diese Informationen sind entscheidend für die ärztliche Beurteilung oder die Beratung durch den Giftnotruf. Wenn möglich, sichern Sie Reste der Substanz oder Erbrochenes für eine spätere Analyse.
3. Giftnotruf kontaktieren
Rufen Sie den für Ihr Bundesland zuständigen Giftnotruf an oder wählen Sie die bundesweit bekannte Nummer des Berliner Giftnotrufs: 030 / 19240. Die Spezialisten dort stehen rund um die Uhr zur Verfügung und geben klare Anweisungen zum weiteren Vorgehen. Halten Sie folgende Informationen bereit: Alter, Gewicht und Zustand der betroffenen Person, die vermutete Substanz, Menge, Zeitpunkt der Einnahme und Ihre Rückrufnummer.
4. Keine voreiligen Maßnahmen ergreifen
Oft wird aus Unwissenheit versucht, die betroffene Person zum Erbrechen zu bringen oder ihr Milch oder Wasser einzuflößen. Beides kann gefährlich sein – besonders bei ätzenden Stoffen oder Lösungsmitteln. Auch Aktivkohle darf nur nach Rücksprache mit dem Giftnotruf verabreicht werden. Befolgen Sie unbedingt die telefonischen Anweisungen der Fachleute.
5. Bei Bewusstlosigkeit oder Atemstillstand sofort Notruf 112 wählen
Wenn die betroffene Person nicht mehr ansprechbar ist, flach atmet oder Krämpfe zeigt, rufen Sie sofort den Rettungsdienst unter 112. Prüfen Sie Atmung und Kreislauf. Ist keine Atmung vorhanden, beginnen Sie sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen. Bei vorhandener Atmung und Bewusstlosigkeit bringen Sie die Person in die stabile Seitenlage und bleiben Sie bei ihr, bis Hilfe eintrifft.
6. Bei Haut- oder Augenkontakt mit klarem Wasser spülen
Ist eine giftige oder ätzende Substanz mit Haut oder Augen in Kontakt gekommen, spülen Sie sofort gründlich mit klarem, lauwarmem Wasser. Verwenden Sie dabei kein Reinigungsmittel. Achten Sie darauf, dass keine weiteren Körperstellen mit der Substanz in Berührung kommen und ziehen Sie kontaminierte Kleidung aus.
Vorbeugung – das Risiko im Alltag senken
Die meisten Vergiftungen im Haushalt sind vermeidbar. Besonders wichtig ist die kindersichere Aufbewahrung von Reinigungs- und Arzneimitteln. Diese sollten grundsätzlich außerhalb der Reichweite von Kindern, idealerweise in verschlossenen Schränken, gelagert werden. Auch Kosmetika, Duftöle, Alkohol, Zigaretten oder Liquids für E-Zigaretten sollten nicht offen herumliegen. Wer Pflanzen im Haushalt hat, sollte prüfen, ob diese giftig sind – etwa Oleander, Dieffenbachie oder Efeu. Auch das Umfüllen von Reinigungsmitteln in Getränkeflaschen ist ein häufiger Auslöser für tragische Verwechslungen und sollte konsequent vermieden werden.
Fazit
Eine Vergiftung ist ein medizinischer Notfall, der schnelles und überlegtes Handeln erfordert. Mit den richtigen Maßnahmen können Betroffene wirksam geschützt und schwerwiegende Folgen verhindert werden. Eltern, Großeltern und alle, die mit Kindern leben oder arbeiten, sollten sich mit den Grundlagen der Ersten Hilfe bei Vergiftungen vertraut machen. Entscheidend ist: Im Zweifel lieber einmal zu viel den Giftnotruf anrufen – als zu lange zu zögern.